Der perfekte ETF auf europäische Aktien

Der Titel ist natürlich vermessen: Nicht nur gibt es wohl keinen perfekten ETF, sondern es hängt auch stark von der persönlichen Anlagesituation ab, was man für sich als perfekt definiert.

Was ist perfekt?

Es gibt unterschiedlichste Kriterien, um den richtigen ETF auszuwählen, welche davon für einen persönlich relevant sind, muss jeder selber entscheiden. Die wichtigsten Merkmale für die Auswahl eines ETF sind aus meiner sehr subjektiven Sicht:

  • replizierend: Wenn ich einen Index wie den EuroStoxx 50 kaufen will, möchte ich bitte auch genau diese Aktien (mittelbar) besitzen und nicht irgendein völlig anderes „Trägerportfolio“, das an das vage Versprechen geknüpft ist, die Performance des EuroStoxx irgendwie mit komplexer Finanzalchemie abzubilden. Letzteres machen vereinfacht gesagt swappende ETFs, daher kommt für mich nur ein replizierender ETF in Frage, der mit meinem Geld in genau die Aktien investiert, die ich haben will. Auch Replizierer haben zwar so ihre Fallstricke (Stichwort Aktienleihe), aber zumindest ist das Grundprinzip eines Replizierers deutlich weniger komplex und für Finanzlaien wie mich einfacher nachzuvollziehen. Spätestens seit der Pleite der Lehman-Zertifikate, die zwar ein ganz anderes Produkt waren, aber auch ähnlich der Swap-ETF versprachen, einen Index abzubilden ohne die dahinterliegenden Aktien zu besitzen, gilt umso mehr der Satz „Einfacher ist besser“.
  • steuereinfach: Idealerweise möchte ich um die Anlage KAP bei der Steuererklärung ganz herum kommen, in jedem Fall möchte ich aber nicht für jeden ETF jährlich recherchieren müssen, was steuerlich genau zu beachten ist. Ideal sind daher ETFs mit Fondsdomizil Deutschland, leider sind diese eher spärlich gesät oder vergleichsweise teuer. Eine gute Übersicht über steuereinfache ETF gibt es im Wertpapier-Forum.
  • ausschüttend: hängt teilweise mit der Anforderung „steuereinfach“ zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass ich gerne selber entscheide, wie ich mein Geld anlege, also auch wie ich z.B. die angefallenden Dividenden reinvestiere. So kann man das Geld prima zum Rebalancen nutzen, oder, wenn man denn irgendwann mal die finanzielle Unabhängigkeit erreicht hat, die Dividenden für den Lebensunterhalt verprassen. Nachteil: die Dividendenzahlungen werden direkt mit Auszahlung besteuert: Wenn der Freibetrag ausgeschöpft ist werden damit 25% Kapitalertragssteuer (plus Soli plus Kirchensteuer) fällig.
  • preisgünstig: Eine niedrige TER – total expense ratio – sorgt dafür, dass von der zu erwartenden Rendite des ETF am Ende auch was beim Anleger ankommt. Geringe Kosten sind schließlich eines der Hauptargumente für das passive Investieren mit ETFs. Je geringer die TER desto besser, wobei es hier oft einen Zielkonflikt zu den anderen Kriterien wie Steuereinfachheit oder Replikationsmethode gibt.

Welcher Index?

Wenn man die Region Europa aktientechnisch abdecken will, bietet der ETF-Markt mittlerweile eine fast unüberschaubare Anzahl an Produkten: Bei JustETF gibt es sage und schreibe 227 unterschiedliche ETF für den europäischen Aktienmarkt zur Auswahl. Spezifische Anlagestrategien wie Dividenden-ETF oder branchenspezifische ETFs lassen wir hier außen vor, da es um eine möglichst repräsentative Gesamtabdeckung der Region geht. Für diesen allgemeinen Ansatz kommen eine ganze Reihe von Indizes in Frage, auf die man setzen kann: Die bekanntesten sind der EuroStoxx 50 mit europäischen Blue Chips, der breiter gefasste Stoxx Europe 600, oder der ähnlich breite MSCI Europe.

Der EuroStoxx 50 beschränkt sich auf die Eurozone und ist mit 50 Werten eigentlich zu klein, um die Region repräsentativ abzubilden. Belgien oder Irland sind mit gerade mal einem Wert vertreten, Portugal oder Österreich mit keiner einzigen Firma im Index. Der Stoxx Europe 600 und der MSCI Europe mit ca. 500 Werten sind in bezug auf regionale Abdeckung und Streuung deutlich besser aufgestellt und umfassen auch Nicht-Euro-Länder wie Großbritannien und die Schweiz, was in Zeiten der Eurokrise das Anlagerisiko sinnvoll streut. Ob man nun Stoxx oder MSCI als Indexanbieter bevorzugt, ist Geschmackssache, und wie bei Geschmäckern üblich kann man zu diesem Thema in Wertpapierforen seitenlang trefflich streiten.

Wir suchen also einen ETF auf den MSCI Europe oder Stoxx 600, steuereinfach, replizierend, ausschüttend. Und siehe da, das schier unermessliche Portfolio an ETFs schnurrt auf einmal auf nur noch eine Handvoll zusammen. Besteht man auf Fondsdomizil Deutschland gibt es gar nur jeweils einen ETF pro Index zur Auswahl, nämlich:

Die TER ist beim iShares mit 0,2% niedriger als beim DEKA mit 0,3%, dazu bildet der iShares indexbedingt rund 100 Werte mehr ab als der Deka, was die Risikostreuung etwas verbessert. Die Entscheidung fällt also auf den iShares, der mit über 4 Milliarden EUR Fondsgröße dazu auch noch erheblich größer ist als der Deka, was in bezug auf Zukunftssicherheit und Handelbarkeit sicher auch kein Nachteil ist.

Der Gewinner

Von wegen Qual der Wahl, das war ja erstaunlich einfach. Ein Viertel der Welt wären mit dem iShares STOXX Europe 600 UCITS schonmal abgedeckt, kostengünstig, steuereinfach, und voll replizierend. Mal schauen ob das für die anderen Regionen auch so einfach geht.

 

Update vom 8.1.2020:

Seit Erscheinen des Artikels hat sich einiges getan, mittlerweile gibt es auch in Deutschland Vanguard Indexfonds, die den Markt aufmischen. Ein aktualisierter Überblick für die Europa-Region findet sich hier.

 

Disclaimer:

Die ETF-Daten sind der Website JustETF.com entnommen und ohne Gewähr. Die Inhalte dieser Website stellen keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sämtliche Aussagen und Einschätzungen basieren auf der persönlichen Meinung des Autors und sind explizit keine Anlageberatung.

16 Gedanken zu „Der perfekte ETF auf europäische Aktien“

  1. Moin,

    gabs hier eigentlich Änderungen?? Mittlweile ist in den Besteuerungsgrundlagen im Bundesanzeiger vom 17.08.2015 sehr wohl eine Teilthesaurierung (ausschüttungsgleicher Ertrag) ausgewiesen, oder ??

    Ansonsten weiter so.

    Beste Grüße!

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  2. Da hatte ich glaub ich einen Denkfehler. Es ist zwar eine Teilthesaurierung ausgewiesen, trotzdem bleibt es natürlich ein Fonds mit Domizil DE und somit steuereinfach. Deutsche Thesaurierer (immer und nur ausschüttungsgleiche Erträge) sind ja auch steuereinfach.

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