Dividendenpapiere oder Indexfonds? Oder etwa beides?

Wenn es zwei Anlagetrends gibt, die bei Privatanlegern gerade en vogue sind, dann ist das zum einen passives Investieren mit Indexfonds, also die bewusste Entscheidung gegen Stock-Picking und für den möglichst breiten Kauf „des Marktes“ mit ETF Produkten. Zum anderen ist die gezielte Suche nach Value-Aktien mit hohen kontinuierlichen Ausschüttungen schwer angesagt, um einen permanenten Einnahmestrom aus Dividendenzahlungen zu erzielen.

Gegensätze ziehen sich an

Beide Trends haben gemeinsam, dass sie ein buy-and-hold propagieren, also das langfristige Halten von Papieren statt kurzfristigem Hin-und-Her (denn das macht ja bekanntlich Taschen leer). Ansonsten schließen sich die Ansätze eigentlich gegenseitig aus: Während der passive Investor weiss, dass stock-picking, also die gezielte Auswahl von Wertpapieren um besser als der Markt abzuschneiden, dauerhaft nicht funktioniert, muss der dividendenorientierte Anleger das erst noch lernen 😉

Dividendenorientierte Indexfonds wie der iShares Global Select Dividend versuchen zwar die Quadratur des Kreises: also passives Investieren mit ETF, aber mit Konzentration auf Dividendenpapiere. Nur ist das letztendlich kein wirklich passives Investieren mehr, sondern eine aktive Entscheidung des Anlegers, bestimmte dividendenstarke Wertpapiere vorzuziehen. Und damit dann doch die Annahme, dass man schlauer als „der Markt“ ist und eine bessere Performance erzielt.

In der Theorie ist praktisch alles anders

Auch wenn sich theoretisch beide Ansätze ausschließen, kann man in der Praxis selbstverständlich nach Lust und Laune beides kombinieren, da es bislang noch keine Heilige Börseninquisition gibt, die Abweichler der Reinen Investmentlehre zur Rechenschaft zieht. Das kann z.b. so aussehen, dass man den Hauptteil des Depots regional diversiviziert in Indexfonds für Amerika, Europa, Asien und Emerging Markets steckt. Also ganz so, wie ein mustergültiger passiver Anleger handeln sollte. Und dann zusätzlich handverlesen ein paar dividendenstarke Einzelaktien kauft, weil man das Gefühl hat, hier vielleicht doch ein klein wenig schlauer als der Markt zu sein, oder einfach weil man es kann. Wenn man diese Dividendenaktien dann noch dauerhaft hält und nicht den Verlockungen des Trading verfällt („hin und her… Taschen leer“), dann ist das ganze auch aus Sicht eines Passiven Investors gar nicht so ein großer Sündenfall. Denn nach der efficient markets Theorie, die dem passiven Investieren zu Grunde liegt, sind alle Aktien in bezug auf Risiko und Rendite zu jedem Zeitpunkt fair bewertet. Dividendenaktien sind danach vielleicht nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere Aktien.

Restrisiko

Es gibt noch einen weiteren Grund, nicht vollständig auf ETF-Anlagen zu setzen. Auch wenn Indexfonds im Vergleich zu Zertifikaten sehr sichere Anlageprodukte sind, und z.B. auch bei einer Pleite des ETF-Anbieters nicht wertlos werden (ETF Anlagen gehören zum Sondervermögen und sind daher geschützt) – so ganz genau weiss man dann doch nicht, ob das alles im Krisenfall so reibungslos läuft, und man wirklich für den gekauften EuroStoxx-ETF ersatzweise die zugrundeliegenden Unilever- oder Daimler-Aktien erhält, wenn einmal ein Anbieter das Zeitliche segnet. Stichwort: Swapping, Wertpapier-Leihe, und die viele andere Finanzinnovationen, die die ETF-Anbieter sich einfallen lassen, um den Profit noch etwas zu maximieren. Indexfonds sind immer eine Komplexitätsebene mehr als der direkte Besitz von Aktien, so gut und einfach die Produkte auch im Vergleich zu aktiven Fonds oder Zertifikaten sind. Mit allen verbundenen Risiken oder zumindest Komplikationen, die man durch die Einbeziehung einer weiteren Schicht zwischen Aktie und Aktionär haben kann. Aus diesem Grund halte ich es auch für durchaus sinnvoll, nicht alle ETF vom selben Anbieter zu kaufen, sondern auch hier zu diversivizieren: Falls doch irgendwann mal etwas schief läuft mit einem Anbieter, hängt nicht gleich das gesamte Depot mit drin. Zum Glück gibt es für die meisten gängigen Indizes genug Auswahl, das man nicht alles auf eine Karte setzen muss sondern auch beim ETF Anbieter das (Rest-)Risiko streuen kann.

8 Gedanken zu „Dividendenpapiere oder Indexfonds? Oder etwa beides?“

  1. Hallo,
    ich setze bewusst auf „Dividendenaktien“, jedoch lege ich den Fokus nicht auf die Höhe der Dividende sonder auf die Nachhalitgkeit.
    Ich sehe jedoch momentan ein Risiko: Viele Menschen die jetzt einsteigen haben 2008 nicht miterlebt und haben überhaupt kein Gefühl für das dahinterstehende Risiko. Sie haben es einfach nie erlebt, dass der Aktienmarkt auch einmal 60% Richtung Süden gehen kann. Noch ist es einfach zu sagen, ich verkaufe nie.

    VG
    Jan

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    • Ich bin auch sehr gespannt wie sich die Dividendeblogger-Szene bei einem echten Crash verhalten wird, und ob da alle wirklich bei ihren buy and hold Vorsätzen bleiben

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  2. @ Jan : Diese Erfahrungen mussten die Anleger der Vergangenheit aber ebenfalls machen! Grundsätzlich sollte man bei diesen Geschäften mit gesunden Menschenverstand an den Start gehen.

    Dennoch bin ich natürlich ebenfalls gespannt, wie die neuen Trader sich verhalten werden .

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  3. Hallo zusammen,

    ich setze persönlich nur auf ETFs. Dort fließt mir ja auch die Dividende zu oder ich kann auch noch mit einem Dividenden ETF mein Portfolio highlighten.

    Ich sehe klar die Vorteile in der breiten Streuung. Wir haben es bei Telekom, EoN und Co. gesehen. Was nutzt mir die Dividende, wenn das Einzelrisiko durchschlägt und einen Verlust von 50% oder ähnlichem produziert?!?

    Aber das ist meine persönliche Meinung.

    LG Wolfgang

    PS: Zudem kann ich bei ETFs einfacher Transaktionskosten meiden. Aber das nur am Rande.

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