Wie hoch ist eigentlich mein „Net Worth“?

1000 Reichsmark Schein

In den USA ist es durchaus nicht ungewöhnlich, jemanden nach seinem Net Worth zu fragen, oder sich für den Net Worth von Prominenten zu interessieren. Gemeint ist damit das Vermögen nach Abzug von Schulden, d.h. wie reich jemand in Dollar gerechnet genau ist.

In Deutschland ist so eine schnöde Reduzierung eines Menschen auf einen Eurobetrag natürlich viel zu profan, abgesehen davon dass man hier eh nicht so gerne über Geld spricht. Nichtsdestotrotz wissen die meisten Aktiven in der Finanzblogcommunity vermutlich sehr genau, wie hoch ihr derzeitiger Net Worth ist, Google Docs oder anderen Finanztools sei Dank. Minutiös werden da das Depot, die Dividendeneinnahmen und die Sparkonten dokumentiert und verwaltet, zwischen Vermögenswert und Verbindlichkeit sauber getrennt, um am Ende eine (hoffentlich) große Zahl stehen zu haben die das eigenen Vermögen beschreibt. Und meistens gibt es auch eine klare persönliche Zielvorgabe, bis zu welchem Zeitpunkt man welche Summe erreicht haben will, um dann idealerweise in die Frührente zu gehen.

Da mein eigenes Depot diesen Monat eine psychologisch wichtige Schwelle genommen hat, fiel mir auf, dass bei einer solchen Betrachtung des Net Worth ein kleiner Denkfehler besteht, und real das ganze leider etwas weniger prächtig aussieht. Denn mein Depot gehört leider nicht vollständig mir, sondern zu einem nicht unwesentlichen Teil dem Finanzamt.

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Kostspielige Sachdividenden bei Xerox

conduent

Ich sollte öfters mal mein Depot kontrollieren. Also nicht meine Google Docs Übersicht, sondern das echte Depot bei der Bank. Bin nämlich seit Januar stolzer Besitzer von Aktien der Firma Conduent. Condu-was? Genau, nie gehört, ist aber auf einmal in meinem Depot vorhanden. Des Rätsels Lösung: Xerox, eine Depotleiche aus Dot.com Zeiten in meinem Portfolio, hat sich vemehrt, bzw. gespalten. Die einen machen weiterhin Drucker und heissen immer noch Xerox, die neuen Kids on the Block machen „business process outsourcing“ und hören auf den schicken Namen Conduent (das ist wie mit den Wandervögeln, die einen wollen jetzt nur noch wandern…).

Eigentlich eine triviale Geschichte und ein Nullsummenspiel: Statt 1.000 EUR Anteilen an einer Firma hat man jetzt 700 EUR Anteil an der Ursprungsfirma, die jetzt ohne die Abspaltung natürlich weniger wert ist, und 300 EUR an der neuen Ausgründung, macht also immer noch 1.000 EUR. Nichts gewonnen und nichts verloren, keiner zu Schaden gekommen. Wenns gut läuft entwickeln sich beide Firmen unabhängig voneinander besser als vorher zusammen, das wird die Zukunft zeigen.

Zwei Stück Torte

Spannend ist allerdings die Sichtweise des deutschen Fiskus: Weil die Anteile der neuen Firma an die Aktionäre verteilt wurden, gilt das steuerlich als Sachdividende und ist eine steuerpflichtige Einnahme. Man muss sich das mal bildlich vorstellen: Das ist ungefähr so als wenn ich einen Torte habe und die in zwei Teile teile, und das Finanzamt dann sagt: jetzt hast du ja zwei Stück Torte und damit eins mehr als vorher, also einen geldwerten Vorteil, bitte das zweite Stück versteuern.

Aufgefallen ist mir die ganze Geschichte erst dadurch, dass die Dividendenzahlung von Daimler dieses Jahr geringer ausgefallen ist als letztes Jahr. Daimler hat die Dividende zwar stabil gehalten, aber dieses Jahr war mein Freibetrag für die Kapitalertragssteuer dank der „Sachdividende“ von Xerox schon zu einem großen Teil ausgeschöpft, so dass effektiv weniger auf meinem Konto ankam.

Einziger Trost: die Kursentwicklung bei Xerox und Conduent war bislang ganz erfreulich: Aus 1.000 EUR Xerox Aktien vom 1. Januar sind jetzt 811 EUR in Xerox und 372 EUR in Conduent Aktien geworden, also ein Gewinn von gut 18 Prozent in drei Monaten – diesen Gewinn darf ich dann natürlich auch nochmal versteuern, wenn ich die Aktien später verkaufe.