Nach einem halben Jahr und einer weltweiten Pandemie mal wieder ein Blick auf die aktuellen Dividendenrenditen von Indexfonds. Die letzten sechs Monate waren bestimmt vom Corona-Crash und schnellem Rebound, der die Kurse mittlerweile fast schon wieder Vor-Pandemie-Stände gebracht hat.
Wärend die Kurse also wieder auf Ursprungsniveau sind, bleibt es spannend, wie sich die Krise auf die Dividendenzahlungen der Unternehmen ausgewirkt hat. Da Dividenden immer für das zurückliegende Geschäftsjahr gezahlt werden, müssten die Auswirkungen theoretisch bislang noch sehr begrenzt sein. In 2019 wurde allgemein noch gut verdient, der große Coronaeinbruch in den Bilanzen kam mit dem zurückliegenden Quartal, und wird erst mit dem laufenden Geschäftsjahr voll auf die Zahlen durchschlagen. Dennoch haben viele Firmen vorausschauend die Reißleine gezogen und Dividenden gekürzt oder gestrichen, denn das Geld werden viele Unternehmen in von Corona betroffenen Branchen wie Touristik oder Entertainment fürs nackte Überleben benötigen.
Wie sich die Dividendenrendite von ETFs berechnet, hatte ich hier im Detail erläutert – zusammengefasst:
- Alle Ausschüttungen der letzten 12 Monate, gerechnet ab heute, werden addiert
- Die addierten Ausschüttungen ergeben im Verhältnis zum aktuellen Kurs des ETF die prozentuale Rendite
- Gewertet wird das Ex-Dividend Date, nicht der meist spätere Zeitpunkt der Auszahlung
- Ausschüttungsbeträge sind direkt von den Anbieter-Websites übernommen
- In Dollar aufgeführte Ausschüttungen werden zum historischen Kurs in Euro umgerechnet.
Neben den wichtigsten Vanguard Fonds sind zum Vergleich der beliebte iShares Stoxx Europe 600 sowie der DWS xTrackers Euro Stoxx 50 mit aufgenommen.
Betrachtet werden die letzten 12 Monate, sowie zum Vergleich die 12-Monatsperiode davor. Da die Dividendenzahlungen über das Jahr nicht gleich verteilt sind, macht ein Vergleich nur Sinn über denselben Zeitraum (hier also Juli bis Juni). Die Werte für das Kalenderjahr 2019 (Januar bis Dezember) sind daher nur als Referenz mit aufgeführt und eignen sich nicht zum direkten Vergleich.
Schauen wir also mal auf die Ergebnisse zum Stichtag 30. Juni 2020:
30.06.2020 |
Ticker |
Kurs (EUR) |
Ausschüttung |
Rendite |
Vorjahr |
Rendite |
Kalenderjahr |
Rendite |
|
|
|
07/19-06/20 |
|
07/18-06/19 |
|
2019 |
|
Vanguard FTSE AllWorld |
fra:vgwl |
79,00 € |
1,36 € |
1,72% |
1,60 € |
2,02% |
1,56 € |
1,98% |
Vanguard FTSE Developed World |
fra:vgve |
58,55 € |
1,02 € |
1,74% |
1,19 € |
2,02% |
1,16 € |
1,98% |
Vanguard FTSE Developed Europe |
fra:vgeu |
28,76 € |
0,67 € |
2,33% |
1,04 € |
3,62% |
1,05 € |
3,65% |
Vanguard S&P 500 |
fra:vusa |
53,33 € |
0,83 € |
1,55% |
0,78 € |
1,47% |
0,80 € |
1,49% |
Vanguard FTSE Dev. Asia Pac. ex Jp |
fra:vgej |
20,99 € |
0,62 € |
2,93% |
0,76 € |
3,62% |
0,76 € |
3,62% |
Vanguard FTSE Japan |
fra:vjpn |
26,18 € |
0,51 € |
1,95% |
0,48 € |
1,81% |
0,51 € |
1,93% |
Vanguard FTSE Emerging Markets |
fra:vfem |
51,22 € |
1,13 € |
2,21% |
1,35 € |
2,64% |
1,28 € |
2,49% |
iShares STOXX Europe 600 |
fra:exsa |
36,63 € |
0,98 € |
2,69% |
1,40 € |
3,83% |
1,18 € |
3,23% |
DWS xTrackers Euro Stoxx 50 |
fra:dbxe |
35,25 € |
1,10 € |
3,13% |
0,95 € |
2,70% |
0,95 € |
2,70% |
Erste Bremsspuren
Schaut man auf den marktbreiten Vanguard FTSE AllWorld, sind die Dividendenrenditen bereits spürbar um 0,3 Prozentpunkte zurückgegangen, auf jetzt rund 1,7 Prozent. Der Rückgang ist aber erstaunlich uneinheitlich: Am heftigsten sind die Einbrüche in Europa: Beim Vanguard Developed Europe sind nur noch 2,3% statt 3,6% ausgezahlt worden, ganz ähnlich das Bild beim iShares STOXX Europe 600. Amerika scheint hingegen fast unberührt durch die Turbulenzen der letzten Monate gekommen zu sein: der Vanguard S&P 500 hat sogar leicht mehr ausgeschüttet als in der Vorperiode. Auch für Japan sind die Ausschüttungen sogar leicht gestiegen, während in Asien außerhalb Japans ein deutlicher Rückgang um 0,7 Prozent zu verbuchen ist.
Abgerechnet wird am Schluß
Zur Erklärung muss man berücksichtigen, dass gerade Europa viele Firmen ihre Bilanzkonferenzen wegen Corona verschoben haben, und damit auch die Dividendenzahlungen dieses Jahr später kommen. Diese fehlen also in der aktuellen 12-Monats-Betrachtung. Beispielsweise wäre für Dividendenkönig Daimler die Auszahlung üblicherweise bereits im April erfolgt, jetzt wird sie für den laufenden Monat erwartet (wenn auch mit dramatischer Kürzung), und ist in der aktuellen Auswertung noch nicht enthalten. Bei amerikanischen Firmen, die üblicherweise quartalsweise ausschütten, ist dieser Effekt nicht so einschneidend, was die starken regionalen Unterschiede erklärt.
Ein verlässliches Bild werden wir wohl erst am Jahresende haben, bis dahin sollten auch in Europa alle Bilanzkonferenzen nachgeholt und alle Ausschüttungen erfolgt sein.
iShares holt auf
Während ich in der letzten Auswertung festgestellt hatte, dass der Vanguard Developed Europe konsequent eine merklich höhere Ausschüttung hatte als der vergleichbare iShares STOXX Europe 600, hat sich der Effekt für die hier betrachtete Periode umgekehrt: Sowohl für die letzten 12 Monate als auch für die Periode davor liegt der iShares ETF spürbar vor dem Vanguard Fonds. Die Unterschiede liegen also wohl eher an den unterschiedlichen Ausschüttungsterminen als an fundamental besserer oder schlechterer Performance. Alles andere wäre auch sehr ungewöhnlich, die Fonds setzen zwar auf unterschiedliche Indizes (MSCI vs. FTSE), sind aber in ihrer Zusammensetzung sehr ähnlich.
Ausblick
Wenn der Rebound so weitergeht, die Kurse also weiter steigen, gleichzeitig aber reihenweise Unternehmen ihre Ausschüttungen zusammenstreichen, geraten die Dividendenrenditen gleich doppelt unter Druck. Denn die Rendite drückt ja das Verhältnis zwischen (steigendem) Kurs und (fallender) Dividende aus. Falls also bis Jahresende nicht noch ein dramatischer Kurseinbruch an den Weltmärkten kommt, werden wir uns vermutlich der Ein-Prozentmarkte für den AllWorld Index deutlich nähern. Immer noch besser als das Null-Prozent-Sparbuch, aber reich wird man damit nicht mehr.