Festgeld anlegen bei steigenden Zinsen

Nachdem ich vor einem halben Jahr noch darüber philosophiert habe, wie man als Anleger mit drohenden Strafzinsen umgehen soll, hat sich das Blatt mittlerweile komplett gedreht: Strafzinsen sind vom Tisch, und die Banken zahlen mittlerweile wieder Guthabenzinsen im Prozent- und nicht mehr Promillebereich. Für Anleger sind das gute Nachrichten, bringt aber auch die Frage mit sich, wie ich mein Geld jetzt am besten anlegen sollte: Tagesgeld, Festgeld mit kurzer Laufzeit, oder längerfristige Festgeldanlagen?

Tagesgeld wird zwar wieder verzinst. Wenn man auf deutsche Einlagensicherung besteht und Lockangebote mit kurzfristigem „Bonuszins“ außen vor lässt, liegt die Rendite aber immer noch unter einem Prozent. Im Vergleich dazu haben sich die Zinsen für Festgeld erheblich besser entwickelt. Relevant sind im Moment vor allem Laufzeiten von 12 bis 24 Monaten, die mit deutscher Einlagensicherung zwischen zwei und dreieinhalb Prozent abwerfen. Ein noch längerer Anlagezeitraum steigert den Zinssatz nur noch marginal, und bindet das angelegte Geld unnötig lange.

Stairway to Heaven

Grundsätzlich macht es Sinn, sein Geld in einer Festgeldleiter anzulegen, also nicht 10.000 Euro auf einmal für zwei Jahre, sondern zeitlich gestreckt alle drei Monate 2.000 EUR für jeweils zwei Jahre. Dadurch kann man die Mehrzinsen für die längere Bindung mitnehmen, hat aber gleichzeitig den Nachteil der langen Laufzeit entschärft, und immer kurzfristigen Zugriff auf einen Teil des Geldes. Das macht renditetechnisch einiges aus: Die pbb direkt zahlt z.B. derzeit gute 2,25 Prozent Zinsen für auf ein Jahr festgelegtes Geld. Für einen Anlagezeitraum von zwei Jahren zahlt die pbb aber nochmal ein sattes Drittel mehr, nämlich 3 Prozent.

Kurz oder lang?

Unabhängig davon, ob ich das Geld kurzfristig benötige oder nicht, haben lange Laufzeiten aber einen weiteren Nachteil: in einem steigenden Zinsumfeld wie derzeit sind die vermeintlich guten Zinsen, die ich heute abschließe, in sechs Monaten womöglich schon wieder völlig unattraktiv. Das Geld ist dann aber weitere eineinhalb Jahre für den niedrigen Zins festgelegt und ich kann nicht vom gestiegenen Zinsniveau profitieren.

Was ist also die bessere Strategie: heute für nur ein Jahr Festgeld anlegen, den schlechteren Zins akzeptieren, und dafür in einem Jahr mit deutlich besseren Zins das Geld für ein weiteres Jahr anlegen. Oder direkt jetzt für zwei Jahre einen höheren Anfangszins sichern, dafür aber die Zinserhöhungen in der Zwischenzeit nicht mitnehmen können?

Nachgerechnet

Schauen wir uns das mal konkret an:

  • 10.000 Euro für zwei Jahre bei der pbb für 3% angelegt, macht nach zwei Jahren 10.609 Euro inklusive Zinseszins. Steuern lassen wir hier mal außen vor.
  • Die gleiche Summe jetzt für 2,25% auf 12 Monate angelegt bringt 10.225 Euro. Dann nochmal 12 Monate verlängert mit einem auf 3,25% gestiegenen Zins macht am Ende nur 10.557 Euro. Da hätte man sich das Hin- und her auch sparen können und gleich für zwei Jahre abschließen.

Dass die Zinsen in den nächsten 12 Monaten nur um einen Prozentpunkt steigen, ist allerdings eine eher konservative Annahme, das entspräche einem vierteljährlichen Zinsschritt der EZB von 0,25 Prozent. Die letzten Zinsschritte der Zentralbank lagen aber doppelt bis dreimal so hoch. Gehen wir davon aus, dass die Zinsen in diesem Umfang weiter steigen, sähe das Szenario so aus:

  • 10.000 Euro im 1. Jahr für 2,25%, macht 10.225. Im zweiten Jahr für 5,25% verlängert, macht am Ende 10.761 Euro. Das sind gut 150 Euro (oder 15%) mehr als wenn ich das Geld direkt für zwei Jahre angelegt hätte.

Ist es realistisch, dass sich die Guthabenzinsen in zwölf Monaten mehr als verdoppeln? Klingt erstmal ambitioniert, aber bei Inflationsraten von fast 10% auch nicht abwegig. Die Inflation scheint ihren Scheitelpunkt zwar gerade überwunden zu haben, ist aber noch meilenweit von der „Zielinflation“ von zwei Prozent entfernt, die die EZB gerne hätte. Der aktuelle Zinsschritt der EZB lag zwar „nur noch“ bei 0,5%, aber die nächsten Erhöhungen wurden gleichzeitig schon in Aussicht gestellt. Auch werden die nächsten Tarifrunden die Inflation eher nochmal anheizen, da sich nach dem Inflationsschock der letzten Monate kaum eine Gewerkschaft mit niedrigen einstelligen Tarifsteigerungen zufrieden geben wird.

Spekulatius

Am Ende ist das alles natürlich Spekulation. Ich halte einen Anlagehorizont von 24 Monaten aber im derzeitigen sehr dynamischen Umfeld für zu lang. Eine Laufzeit von einem Jahr ist für mich im Moment deutlich attraktiver, um die nötige Flexibilität zu haben, auf die Marktentwicklung zu reagieren.

7 Gedanken zu „Festgeld anlegen bei steigenden Zinsen“

  1. Wieso findest Du 2,25% für ein Jahr bei der pbb erwähnenswert?
    Aktuell gibt es 2,3% auf’s Tagesgeld mit deutscher Einlagensicherung bei der IKB oder 2,25% auf’s Tagesgeld bei der Opel Bank

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    • Weil das beides Lockangebote sind, die nur für Neukunden, einen kurzen Zeitraum und begrenzte Summen gelten. Sowohl Opelbank als auch IKB zahlen derzeit nur 0,75 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld. Die höheren Zinsen gelten nur für Neukunden, und nur bis 50.000 Euro.
      Klar kann ich alle paar Wochen irgendwo ein neues Konto abschließen und diese Neukundenaktionen mitnehmen. Das ist mir persönlich aber den Aufwand nicht wert.

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      • Dann nimm das Trade Republic 2% Angebot. Das gilt auch für Bestandskunden.
        Ich sehe sehr wenig Sinn bei der derzeitigen Entwicklung 1 Jahr Festgeld zu nehmen.
        Hättest das im letzten November gemacht, würdest Du Dich jetzt schon, nach nur gut 2 Monaten ärgern.

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        • Ja, kann man so sehen. Da ich mit einer Festgeldleiter arbeite, habe ich tatsächlich auch letzten November Geld fest angelegt, und klar ist das rückblickend nicht optimal. Aber ärgern tue ich mich deswegen nicht, war ja eine bewusste Entscheidung, und betrifft nur einen sehr kleinen Teil meines Portfolios. Das Trade Republic Angebot ist tatsächlich gut, auch wenn es letztlich auch nur ein Lockangebot ist, um die Leute zum Traden zu bringen. Wenn ich da schon ein Konto hätte, würde ich das Angebot vermutlich wahrnehmen.

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  2. Meiner Meinung nach lohnt es sich mittlerweile auch wieder, sich außerhalb von Tages- und Festgeld auf dem Mark umzusehen:

    * Deutsche Staatsanleihen mit einer Restfälligkeit von 12 Monaten bringen Stand heute eine Rendite von knapp 2,8% (https://de.tradingview.com/symbols/TVC-DE01Y/) und wenn man die tatsächlich bis zur Fälligkeit hält, kann man das letztendlich wie ein Festgeld von 12 Monaten betrachten. Und da es auch Anleihen gibt, die in 8 oder 15 Monaten etc. fällig werden, ist man sogar mit dem Zeitraum flexibler.

    * Geldmarktfonds wie z.B. LU0290358497, die die Euro short-term rate (€STR) abbilden, sind aktuell auch quasi allen Tagesgeldangeboten überlegen. Hier hat man im Vergleich zu den Staatsanleihen noch den Vorteil, dass man weitere Zinserhöhungen sofort durchgereicht bekommt, bei €STR ist der Zinssatz vor ein paar Tagen von 1,9% auf 2,4% gestiegen.

    Beides kann man bei den üblichen Neobrokern kostenlos und mit einem Spread von vielleicht 0,02% kaufen.

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  3. Eine sehr interessante Seite. Ich überlege, ob ich für meinen Sohn, der noch minderjährig ist, ein Festgeldkonto einrichten sollte und ob dies überhaupt möglich ist? Es gibt, was das Sparen über einen längeren Zeitraum angeht, doch sicherlich noch bessere Alternativen?

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