Achterbahn fahren mit CVS Health

Ein Problem beim passiven Investieren mit Indexfonds ist, dass das so schrecklich langweilig ist. Einmal den Wertpapiersparplan angelegt, guckt man die nächsten Jahrzehnte nur noch dem Depot beim Wachsen zu, was leider oft nicht sehr viel schneller geht als bei Gras.

Für den Nervenkitzel kaufe ich daher ab und zu immer noch Einzelaktien. Der damit verbundene eher durchwachsene Erfolg ist zum einen sehr heilsam, weil er mir immer wieder beweist, dass Indexfonds doch der Weisheit letzter Schluss sind. Zum anderen nimmt mich die eine oder andere Aktie auf eine emotionale Achterbahnfahrt mit, die mein bescheidenes Teilzeitinvestorleben mit, äh, Leben füllt.

Adrenalin bitte

Nehmen wir meinen letzten Einzelkauf, die amerikanische Drogeriekette CVS Health: Ein grundsolides Unternehmen mit kontinuerlichem Wachstum, tätig im Megatrendbereich Healthcare, mit glänzenden Aussichten für die Zukunft. Dazu stetig steigende Dividenenausschüttungen, mit besten Aussichten, ein Dividendenaristokrat zu werden. Empfohlen von allen namhaften und nicht so namhaften Dividendenblogs, was soll da schon schiefgehen. Dazu war die Aktie billig zu haben, weil sie von ihrem Allzeithoch von über 100 Euro ein Viertel zurückgekommen ist. Also beherzt zugegriffen, im März 2017 für 76 Euro das Stück.

Aber, wie hat schon meine Oma gesagt (oder war es Opa Kostolany?): ‚Greife nie in ein fallendes Messer, Junge‘. Und wie recht sie behalten sollte: CVS fiel nach meinem Kauf weiter wie ein Stein.

Was war passiert: Zum einen droht(e) E-Commerce Gigant Amazon, nach Büchern, Musik und Heizdecken auch den Markt für Arzneimittel aufzurollen und groß in das Apothekenbusiness einzusteigen. Alleine die Ankündigung, dass Amazon die kleine Online-Apotheke Pillpack übernimmt, ließ den CVS Kurs innerhalb eines Tages über 10 Prozent einbrechen. Parallel dazu planten die CVS Manager eine 67 Milliarden Dollar teure Übernahme des amerikanischen Krankenversicherers Aetna. Solche Großfusionen sind immer noch das beste Mittel, Aktionärsgeld zu vernichten (erinnert sich noch jemand an DaimlerChrysler?). Durch die Fusion hat das Management dann auch als erstes die Dividende eingefroren, um Cash für die Übernahme zu haben. Ausgeschüttet wird zwar immer noch, aber nicht mehr jedes Jahr erhöht, also bye bye Dividendenadel.

Die CVS-Aktie fiel immer weiter und hatte zwölf Monate nach meinem Einstieg die 50 Euro Marke nach unten durchbrochen: Im März 2018 stand CVS bei 49 Euro, und ich über 35 Prozent im Minus. Wohlgemerkt in einem insgesamt boomenden Aktienumfeld.

Die nächste Fahrt geht rückwärts!

Das gute bei Aktienspekulationen ist aber, dass man sich seine eigenen Fehler nicht eingestehen muss, sondern einfach gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen kann. Denn trotz Amazon-Bedrohung und Aetna-Fusion waren die fundamentalen Daten für CVS immer noch vielversprechend,  und ich hatte zwar einen veritablen Buchverlust im Depot, aber dafür jedes Quartal meine Dividende in hartem Cash ausgezahlt bekommen. Und die Aktien waren jetzt natürlich noch viel günstiger zu haben als vorher.

Also nochmal beherzt zugegriffen, um den eigenen Buchverlust zu minimieren, und im März 2018 für 52 Euro CVS Aktien nachgekauft. Mein Einstandskurs hatte sich dadurch mit einem Schlag auf  64 Euro reduziert, und der prozentuale Buchverlust war nur noch halb so groß (so kann man sich das zumindest schönrechnen).

Und siehe da: Die dunklen Wolken verzogen sich. Amazon kocht auch nur mit Wasser und hat nicht mal eben alle Apotheken in den Ruin getrieben. Und die Großfusion von CVS mit Aetna steht auch auf der Kippe. Die aktuellen Geschäftszahlen für CVS waren darüber hinaus besser als erwartet, was den Kurs auch dank Euroschwäche auf mittlerweile wieder über 64 Euro getrieben hat. Und damit meinen Buchverlust in einen kleinen Gewinn verwandelt hat.

Was lernen wir daraus:

  • Mit Indexfonds hätte ich mir den Stress sparen können. Das Geld statt in CVS in einen S&P 500 ETF angelegt hätte deutlich mehr Rendite gebracht. Aber ich hätte dann auch keinen Anlass für einen Blogartikel gehabt.
  • Bei Einzelaktien ist es sinnvoll, nicht das ganze Pulver auf einmal zu verschießen sondern noch einen Puffer zum Nachkaufen zu haben. Das kann natürlich auch nach hinten losgehen wenn die Aktie nach oben schießt, aber zumindest kann man sich damit ein wenig absichern, wenn man zu früh eingestiegen ist.
  • Buy and Hold funktioniert. Zumindest besser als panisches Verkaufen, wenn eine Aktie in den Keller rauscht.
  • Die Dividendenstrategie ist zumindest gut fürs Gemüt: Denn auch als die CVS Aktie 30 Prozent unter Wasser war, blieb die Dividende auf mein investiertes Kapital konstant. Mit einer jährlichen deutlich über Tagesgeld liegenden Verzinsung per Dividende kann man eine längere Schwächephase deutlich entspannter aussitzen. Und damit die Buy-and-Hold Strategie auch durchhalten.

9 Gedanken zu „Achterbahn fahren mit CVS Health“

  1. Kann die Gedankengänge sehr gut nachvollziehen. Indexing ist schrecklich langweilig. Ich habe einige Zeit versucht mit kleinen risikoreichen Investments einen gewissen Nervenkitzel aufrecht zu erhalten und wenn die Dinge gut liefen, macht das ja auch Spaß. Am Ende waren diese Investments jedoch nicht besonders ertragreich und seit einigen Monaten ist mein Depot quasi ramschfrei.
    Einen gewissen Prozentsatz vom Depot in ausschüttenden Werten zu investieren halte ich psychologisch für sinnvoll. Ich kann die Dividendeninvestoren gut verstehen. Auch wenn man vielleicht über viele Jahrzehnte einige Prozent schlechter performt. Wenn man so länger durchhält und einen stetig wachsenden Cash-Flow aufrechterhalten kann ist das allemal sinvoller als ein thesaurierendes Depot irgendwann im Frust aufzulösen.

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    • Ja, ich glaube der psychologische Effekt wird von vielen Anlegern unterschätzt. Es motiviert ungemein, alle paar Monate eine Dividendengutschrift auf das Konto zu bekommen. Das macht das buy and hold viel einfacher, auch wenn die Kurse für längere Zeit in den Keller gehen.

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  2. Ich kann die meisten Beobachtungen wieder voll unterschreiben. Indexing ist einfach stinkend langweilig. Und leider wohnt ein Tierchen in mir, das unbedingt „Äktschn“ will und sich partout nicht einsehen möchte, dass man mit Einzelaktien evtl. auch ein fettes Minus produziert. Ich versuche dieses Bedürfnis ruhigzustellen, indem ich mit kleineren Summe mit Einzelaktien zocke.

    „Buy & hold“ kann aber auch nach hinten losgehen. Wenn man unwillig ist einen kleinen Verlust einzustecken und lieber auf Vogel-Strauß-Taktik setzt. „Irgendwann steigt die Aktie schon wieder“. Muss sie eben nicht, wobei bei Large Caps die Chance größer ist, dass sie es wieder tut als bei einem Penny-Stock. Kommt auf die Haltedauer und die Art der Aktie an. Bei Growth und Tech Stocks ist immer die Gefahr da, dass Geschäftsmodell implodiert und sich als doch nicht so clever herausstellte, wie anfangs angenommen.

    Man kommt aber immer zu dem Punkt: an sich müsste man mehrere verschiedene Aktien kaufen, um eventuelle Verluste auszugleichen und die Einzelaktie prozentual zum Portfolio nicht überzugewichten. Und dann kann man gleich Indexing betreiben. Es sei dann man glaubt daran, dass man viel besser als der Markt abschneidet durch sein eigenes goldenes Händchen in der Auswahl.

    Und zu den Dividenden: ja, Dividenden sind eine feine Sache. Besonders wenn man das Geld verballern möchte oder als Rente davon zehren will. Denn wenn der Gesamtmarkt oder die Einzelaktie abschmiert gibt es immer noch die Ausschüttungen. Ansonsten müsste man in Anteile zu niedrigen Kursen verkaufen und das tut weh.

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    • Die Gefahr bei Buy and Hold betrifft ja nicht nur Growth stocks. Siehe Kodak, General Electric, RWE, Commerzbank etc. Ich hatte mal gelesen, dass auf lange Sicht 90 Prozent aller Unternehmen vom Markt verschwinden, insofern ist Buy and Hold bis in alle Ewigkeit sicher nicht der Heilige Gral. Deshalb mag ich ja die Dividendenstrategie: Selbst wenn Daimler irgendwann mal Insolvenz anmeldet, hab ich meinen Einsatz zumindesst schon mehrfach als ausgeschüttete Dividende zurückverdient. Alles auf Buchgewinne zu setzen, die von heute auf morgen auch wieder weg sein können, ist mir unheimlich. Eigentlich wäre konsequentes Stopp Loss setzen intuitiv die richtige Strategie: Gewinne unbegrenzt laufen lassen, aber nach unten absichern. Ich hatte dazu schon mal einen Artikel hier, leider gibt es in der Praxis beim Stopp Loss setzen dann doch den einen oder anderen Fallstrick. Aber so ganz bin ich mit dem Thema noch nicht durch.

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  3. Den Artikel könnte ich 1:1 übernehmen. Habe mit CVS die gleiche Reise hinter mir. Habe auch (nicht ganz) furchtlos im Tief nachgekauft und den Einstandskurs auf 64 Euro gedrückt. Sollte die Übernahme von Aetna in den nächsten Wochen durchgewunken werden, sollte es auch nochmal kräftig nach oben gehen, d.h. wenn nicht zufällig wieder ein kleiner Spielverderber namens Amazon dazwischenfunkt. Dann stellt sich natürlich die Frage: Ab wann Gewinne mitnehmen? : )

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    • Ich hab CVS ja nicht zuletzt wegen der Dividendenausschüttung gekauft. Von mir aus brauchen die gar nicht spektakulär nach oben schießen, sondern einfach nur weiter regelmäßig ausschütten, das ist dann quasi meine kontinuierliche Gewinnmitnahme.

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  4. folgenden Satz im Artikel verstehe ich nicht so ganz: „…was den Kurs TROTZ EUROSCHWÄCHE auf mittlerweile wieder über 64 Euro getrieben hat.“
    Wenn der Dollar gegenüber dem Euro zulegt müsste doch der Wert der Position in Euro zulegen, da die Aktie ja in USD notiert?

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