Riester-Rente: Widerspruch gegen Umstellung bei Union Investment

So sehr ich mich mittlerweile mit den Feinheiten der Geldanlage in Tagesgeld, Festgeld, Aktien und Indexfonds beschäftigt habe, so viel weniger habe ich bis heute die Details der Riesterrente durchdrungen. Der Grund, warum ich vor Jahren einen Vertrag abgeschlossen habe war schlicht, dass ich die staatlichen Zulagen nicht verfallen lassen wollte, und das diffuse Gefühl, neben der staatliche Rentenversicherung noch etwas gezielt für meine Rente tun zu müssen. Riestern klang auf den ersten Blick nicht schlecht denn:

  • Man erhält eine staatliche Zulage, die alleine schon mal knapp acht Prozent Rendite pro Jahr ausmachen kann (154 EUR Zulage, bei 1944 EUR Eigenbeitrag pro Jahr). Wenn man noch einen Sack voller Kinder hat, wird das durch die Kinderzulage noch attraktiver.
  • Man spart Steuern, denn die Riester-Beiträge sind abzugsfähig.
  • Man kann sich halbwegs frei entscheiden zwischen langweilig-risikolosen Banksparplänen mit Verzinsung oder Anlage in Aktienfonds, die mehr Rendite versprechen
  • Man kann nicht verlieren, d.h. egal was passiert, das eingesetzte Kapital inkl. Zulagen (aber abzüglich Gebühren), erhält man am Ende immer zurück.

Klingt zu gut um wahr zu sein. Ist es auch, denn vor allem der letzte Punkt, die Kapitalgarantie, schränkt die Wahl der Anlageprodukte dramatisch ein. Die staatliche Zulage wird oft aufgefressen von den vergleichsweise hohen Kosten der Riesterprodukte. Und schließlich ist der Steuervorteil nur gestundet: Wenn es an die Auszahlung geht, darf man die Rentenzahlung dann brav versteuern.

Qual der Wahl

Entschieden habe ich mich damals für die UniProfiRente von Union Investment: Zum einen weil sie in diversen Tests empfohlen wurde, vor allem aber weil ich explizit in Aktien investieren wollte: Aktien bzw. Aktienfonds bieten auf längere Sicht die besten Renditeaussichten und passen daher gut zum per se sehr langen Anlagehorizont beim Riestern. Bis zur Rente sinds bei mir noch ein paar Jahrzehnte, und so lange kann das angelegte Geld in Ruhe für mich arbeiten. Das Geld der UniProfiRente wird im halbwegs okayen Uni Global Aktienfonds angelegt, der sich auf globale Blue Chips konzentriert, aber auch Nebenwerte beimischt. Privat würde ich mir diesen Fonds nie zulegen, weil er im Vergleich zu preisgünstigen Indexfonds hohe Kosten verursacht, nämlich sage und schreibe fünf Prozent Ausgabeaufschlag und 1,5 Prozent Managementgebühr. Aber im Vergleich zu anderen Riesterprodukten ist die UniProfiRente immer noch der Einäugige unter den Blinden, vor allem wenn man schwerpunktmäßig in Aktien anlegen will.

Was hat’s gebracht

Rückblickend war die Entscheidung bislang gar nicht mal so schlecht: Das eingezahlte Kapital hat in den letzten sieben Jahren insgesamt rund 70% Ertrag erwirtschaftet. Das liegt nur zum kleinen Teil an der staatlichen Zulage, den Löwenanteil hat der boomende Aktienmarkt der letzten Jahre beigetragen. Nun könnte man die Gegenrechnung aufmachen, was das gleiche Geld, angelegt in kostengünstige Indexfonds, in derselben Zeit gebracht hätte. Die staatlichen Zulagen wären dann zwar weggefallen, dafür aber auch ein Großteil der Fondskosten. Performancemäßig schlägt sich der Uni Global Fonds im Vergleich zum MSCI Global Index ganz passabel. So oder so ist das aber ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Ist zwar beides Obst, aber beim Riestern kommt zur direkten Rendite noch der Bonus in Form von Steuervorteilen hinzu: Die Riesterbeiträge können vom Steuerbrutto abgezogen werden, wirken also steuersparend, und zwar um so mehr, je höher der eigenen Grenzsteuersatz ist. Wie hoch der Steuervorteil genau ist, kann man seriös allerdings kaum beziffern. Denn die Steuerersparnis, die man beim Einzahlen hat, muss man gegenrechnen mit den Steuern, die später auf die Rentenauszahlungen fällig werden. Und wie hoch der Steuersatz in 20 oder 30 Jahren ist, steht in den Sternen.

Bleibt festzuhalten: Ob die UniProfiRente die beste aller möglichen Anlageformen war, lässt sich nicht abschließend bewerten, bislang kann ich mit dem Verlauf aber ganz zufrieden sein, erst recht im Vergleich mit Banksparplänen o.ä., die nach Abzug der Gebühren kaum Ertrag gebracht hätten bei dem seit Jahren rekordniedrigen Zinsniveau.

Alles neu

Ab August ändert Union allerdings die Spielregeln. Statt in den bekannten Uni Global Aktienfonds wird das Geld der UniProfiRente zukünftig in einen speziellen „Uniglobal Vorsorge“ Fonds angelegt, der nicht mehr ausschließlich auf Aktien setzt, sondern mit Hilfe von allerlei Finanzalchemie eine Aktienquote von 51 bis 120% haben kann. Offiziell ist das natürlich nur zum Besten des Kunden, weil man einen speziellen Fallstrick der Riesterprodukte umgehen will: Da ein Anbieter beim Riestern sicherstellen muss, dass der Anleger am Ende zumindest sein eingezahltes Kapital zurückerhält, egal wie sich die Börse entwickelt, muss Union bei einem dramatischen Börsencrash ggf. die Reißleine ziehen und die Gelder von Aktien in risikoarme Rentenfonds umschichten. Was für den Anleger bedeutet, dass er zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, nämlich während eines Kurstiefs, verkauft und danach unwiderbringlich in (langfristig renditeschwächeren) Rentenfonds festsitzt. Dass das kein theoretisches Szenario ist, durften Riester-Anleger währen der Finanzkrise 2008/2009 erfahren, als Union genau diese Umschichtung in Rentenfonds bei einigen Kunden vornehmen musste, um das angelegte Kapital „zu retten“. Von der darauf folgenden dramatischen Kurserholung an den Börsen konnten betroffene Riestersparer mit ihren Rentenfonds dann nicht mehr profitieren.

Der neue „Vorsorge“-Fonds von Union Investment soll solche Situationen möglichst vermeiden, indem nicht hart von einem Aktien- in einen Rentenfonds umgeschichtet werden muss, sondern flexibel innerhalb des Fonds auf unterschiedliche Börsensituationen reagiert werden kann.  Klingt erstmal plausibel. Hat mich allerdings trotzdem nicht überzeugt:

  • Ich habe mich damals für die UniProfiRente entschieden, weil ich bewusst in Aktien anlegen wollte und nicht in „teils Aktien teils whatever“. Mit dem neuen Fonds weiss ich im Zweifel selber nicht mehr, worin mein Geld investiert ist und habe die Entscheidung auch nicht mehr in der Hand
  • Der neue Uniglobal Vorsorge Fonds setzt verstärkt Derivate und ähnliche Finanzinstrumente ein, um seine Anlagestrategie umzusetzen. Nur so kann man beispielsweise Aktienquoten von über 100 Prozent realisieren. Solcher Finanzzauber ist mir nicht geheuer, weswegen ich z.B. auch swapbasierte Indexfonds ablehne. Wenn ich die Wahl zwischen einer komplexen und intransparenten „Finanzinnovation“ oder einem einfachen Aktienfonds habe, entscheide ich mich im Zweifel für letzteres.
  • Auch die Union Anlagespezialisten haben keine Glaskugel: Man verspricht zwar komplexe mathematische Methoden, um die Aktienquote an die zukünftige Börsenentwicklung zielgenau anzupassen, aber Wahrsagen können die Finanzstrategen auch nicht.
  • Mein Renditepuffer ist durch die gute Entwicklung der letzten Jahre so hoch, dass schon ein ziemlich dramatischer Einbruch an den Börsen passieren muss, damit eine Umschichtung von Aktien in Rentenfonds droht. Die Website Finanztip empfiehlt schon ab einem Puffer von 30%, beim Uni Global Fonds zu bleiben, ich liege da eher doppelt so hoch. Und bei einem Einbruch von 50 Prozent und mehr muss man sich vermutlich ganz andere Fragen stellen als was mit der Riesterrente passiert.
  • Die Kosten sind beim neuen Uniglobal Vorsorge natürlich genau so hoch wie vorher, was ansonsten vielleicht noch ein Grund für einen Wechsel gewesen wäre.

Widerspruch ist simpel

Wer für sich beschließt, lieber weiterhin beim Aktienfonds zu bleiben, muss das bis Ende Juli Union Investment kundtun. Das geht erstaunlich unkompliziert, z.b. indem man per Kontaktformular im Online-Banking der Umstellung widerspricht. Union hat auf meinen Widerspruch prompt reagiert, mit Bedauern und dem Wunsch, mir doch nochmal persönlich erklären zu wollen, warum der Wechsel nur zu meinem Besten ist, aber auch mit einer korrekten Bestätigung des Widerspruchs.

Oder gleich ganz weg?

Wenn man sich schon dazu durchringt, seinen Riestervertrag zu durchleuchten, kann man ja auch mal nach Alternativen schauen. Relativ neu auf dem Markt ist der Anbieter Fairr, der einen Sparplan mit kostengünstige Indexfonds anbietet, was ich prinzipiell schon mal sehr sympathisch finde. Finanztip ist begeistert von dem Angebot. Der Finanzwesir hält davon zwar nichts, aber das liegt weniger an Fairr als an der generellen Abneigung des Wesirs gegen Riesterprodukte. Ich werde mir Fairr nochmal genauer anschauen müssen, bevor ich eine Entscheidung treffe. Beruhigend aber zu wissen, dass der Wechsel zu einem anderen Anbieter gar nicht so kompliziert zu sein scheint, zumindest wenn man dem Versprechen auf der Fairr Website Glauben schenken kann.

4 Gedanken zu „Riester-Rente: Widerspruch gegen Umstellung bei Union Investment“

  1. Ein sehr informativer Artikel mit ganz wichtigen Informationen. Das wird dem ein oder anderen ganz sicher ein ganzes Stück weiter helfen, denn in diesem Bereich kommen ja doch immer wieder einige Fragen auf.

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  2. Hinzu kommt weiterhin, dass man bei der Zustimmung einen neuen Vertrag abschließt. Mir hat man ganz nebenbei mitgeteilt, dass sich das Datum der Auszahung vom bisherigen 60. Lebensjahr auf das 62. Lebenjahr erhöhen würde. Das wollte ich auf gar keinen Fall akzeptieren.

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